Online-Showcase Jahrgang #7 „Picturing Democracy“

  • by Anne Schmedding

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Kunst und Demokratie sind seit der Moderne ein Zeichen des Fortschritts, der Emanzipation; beide sind in hohem Maße Objekte des Engagements. Sie sind nicht nur beide etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt, oder gar etwas, das die Kämpfenden nobilitiert. Sie sind auch beide nur als Tätigkeit, als Engagement vorstellbar.

Demokratie als politische Form lebt von Aushandlungsprozessen. Mit diesen Prozessen beschäftigten sich die elf Stipendiat*innen des Fresh A.I.R. Jahrgangs #7. Unter dem Titel „Picturing Democracy“ zeigen die Künstler*innen aus sieben europäischen Ländern ihre Auseinandersetzungen, die gleichermaßen die Fragilität und die Schutzbedürftigkeit demokratischer Werte wie Freiheit, Gleichheit und die Rechte von Minderheiten thematisieren.

Mit verschiedenen Herangehensweisen und in verschiedenen Medien präsentiert der Jahrgang #7 Zugänge zu demokratischem Handeln und Voraussetzungen des politischen Lebens sowie Modelle für ein zukünftiges demokratisches Zusammenleben. Historische demokratische und undemokratische Ereignisse spielen ebenfalls eine Rolle. In einer Videoarbeit und auf Fotografien wird an nationalsozialistische Verbrechen erinnert. Der queeren Szene und ihren Orten in Schöneberg während der Weimarer Republik können wir uns mit Hilfe von Klängen nähern. Ein weiteres Archiv besteht aus zusammengestellten Gerüchen, die assoziativ mit Demokratie in Verbindung stehen. Wie demokratische Grundsätze für das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen erprobt werden können, zeigen uns eine vegetabile Skulptur, eine Videoarbeit zum Flug der Motten sowie Fotografien, die den Mottenflug einfangen.

Wenn es um die Frage nach der Bewegungsfreiheit von menschlichen Körpern an unterschiedlichen Orten geht und um ihre Beschränkungen, werden auch immer Grenzen zwischen Öffentlichem und Privatem gezogen. Wie die Arbeiten zeigen, können an Orten wie Kaffeehäusern, im Bundestag und auf der Straße Debatten geführt und Utopien entwickelt werden. Pappschilder stehen als Medium für das Demonstrationsrecht und für die freie Meinungsäußerung schlechthin. Sie geben in der Ausstellung Aussagen von Wähler*innen wieder. In einer Zeichnung, die mit der Vergänglichkeit der leicht zu verwischenden Kohle arbeitet, kommt die fragile Balance des demokratischen Zusammenlebens zum Ausdruck. Ebenfalls Teil der Ausstellung sind Bildinszenierungen, die sich mit Ungleichheit im Kapitalismus auseinandersetzen sowie mit dessen zutiefst undemokratischen Mechanismen.

Alle diese Werke verbinden mit ihrer öffentlichen Präsentation ein dialogisches Anliegen. Sie laden das Publikum zur kritischen Reflexion über den Schutz demokratischer Grundwerte und pluralistischer Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens ein.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Freude bei der Erkundung der künstlerischen Arbeiten unseres siebten Jahrgangs.

Janine Arndt
Künstlerische Leitung

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Stiftung Berliner Leben, Fresh A.I.R., Fresh A.I.R. #7 Ausstellungsraum, Berlin, September 2022